Es duftete nach Bach und Pfeifenrauch

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Gestern, Mittwoch, bin ich von zwei Nachbarn des Hauses Landshuter Straße 15 Ecke Haberlandstraße 1 (damals Nummer 8) zu Kaffee und Mandarinenkuchen eingeladen worden. Eines der wenigen Häuser, die im Krieg nicht zerstört worden sind. Die zwei Herren hatten mich kontaktiert, weil Sie mehr über das Projekt „Eine Stele für Einstein“ wissen wollten. Die freundlichen Gastgeber zeigten mir gerne die Räume ihrer großen Wohnung – Diele, Flur, stets hohe Decken, gerettete Stuckatur, geschmackvolle Verzierungen an Schiebentüren, feine Verglasungen, Ausschmückungen da und dort …
Bald merkte ich, dass mein Erstaunen, Aufregung und Freude bei dem Einblick in jedes entdeckte Zimmer größer und größer würde. Ich fühlte mich bezaubert von den üppigen Gemächern. Ich ließ mich gerne in eine andere Wohnung in der unmittelbaren Umgebung katapultieren, nichts einfacher als das – auch Altbau, mit Portier, auch mit Aufzug, in die vierte Etage, damals, als der Herr Professor noch dort mit Elsa und den Stieftöchtern wohnte, damals, vor seiner Emigration, als Freiheit noch gang und gäbe in der Hauptstadt war, noch vor dem 30. Januar eines schrecklichen Jahres.
«Ist er da?», fragte ich einen der Gastgeber.
«Wer?»
«Albert – Albert Einstein», sagte ich ungeduldig.
Meine Gastgeber schmunzelten gleichzeitig, überrascht und nichtsahnend.
«Sie meinen …?», fragte der jüngere Herr.
Ich legte dann ab und just bevor ich antworten konnte, hörte ich ziemlich deutlich eine weibliche Stimme, die mir zuflüsterte:
«Herr Professor wartet bereits auf Sie, im Salon.»
Es war Hertha Schiefelbein, das Dienstmädchen. In der Wohnung duftete es nach gerade gespielter Geige, es duftete nach Bach und Pfeifenrauch.

14.02.2013

 

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