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Jahrbuch 1999 für Steglitz - Heimatverein für den Bezirk Steglitz

Heimatverein für den Bezirk Steglitz

Die Idee eines Vereins für die Ortsgeschichte von Steglitz geht schon auf die Zeit vor dem 1. Weltkrieg zurück. Etwa 1913 gab der spätere erste Geschäftsführer der Vereinigung, der Kaufmann Fritz Schmidt, im Freundeskreise eine diesbezügliche Anregung. Schon damals zerstörte das fortschreitende Wachstum der Stadt wertvolle Teile des alten Steglitz. Es galt vieles zu schützen und durch rechtzeitige Geschichtsquellensammlung der Nachwelt ein leichteres Arbeiten bei Forschungen in der historischen Entwicklung von Steglitz zu ermöglichen. Die Kriegs- und Nachkriegszeit ließen die Verwirklichung des seinerzeit gefaßten Planes nicht zu. 

Erst im September 1923 fand sich anläßlich der eindrucksvollen Ausstellung "Alt-Steglitz" Gelegenheit, die an der Geschichte des Ortes Interessierten zusammenzubringen. Ausgelegte Listen, die zum Beitritt in einen zu gründenden Verein für die Ortsgeschichte einluden, füllten sich bald mit vielen bekannten Steglitzer Namen. Am Sonntag, dem 30. September 1923, fand eine Gründungsbesprechung im Saal der Ausstellung, nämlich im Leseraum der Stadtbücherei in der Grunewaldstraße, statt. In dieser konstituierenden Versammlung wurde ein Arbeitsausschuß gewählt und zwar: 

    I. Vorsitzender: Bürgermeister Karl Buhrow 
    II. Vorsitzender. Prof. Conradin Brinkmann 
    Geschäftsführer: Kaufmann Fritz Schmidt 
    Beisitzer. Oberbibliothekar Dr. Hans Rothardt
    Beisitzerin. Frau Cäcilie Seler- Sachs 
    Beisitzerin. Frau Anna Schaft 
    Beisitzerin: Frau Else Schmidt 
Für eine weitere Ausschußsitzung wurde der 8. Oktober festgelegt. In der Zwischenzeit wurden weitere Mitglieder geworben und die Satzung verfaßt. Die erste größere Mitgliederversammlung fand am Sonntag, dem 18. November 1923, abends 20 Uhr, im Lesesaal der Stadtbücherei statt. Der I. Vorsitzende, Bürgermeister Buhrow, hielt die Eröffnungsansprache, in der er zum Ausdruck brachte, daß die Heimatliebe zur Gründung dieses Vereins geführt habe und daß der Verein für die Ortsgeschichte auch der Heimatliebe dienen wolle. Ihm sind in § 2 der Satzung folgende Aufgaben zugewiesen: Die Pflege der Ortsgeschichte, im besonderen der noch vorhandenen Reste von Alt- Steglitz, Naturschutz, Sammlung von Erinnerungsgegenständen und Bildmaterial, Gründung eines Ortsmuseums, Führungen, Vorträge und Ausstellungen. 

Danach beleuchtete der Il. Vorsitzende Prof. C. Brinkmann die Bestrebungen des Vereins vom Standpunkte des Historikers und plauderte aus seinem reichen Alt-Steglitzer Erinnerungsschatz. An die Ausführungen des Redners schloß sich eine freie Aussprache an, in der die Anwesenden Gelegenheit hatten, Selbsterlebtes aus der Vergangenheit des Ortes zu berichten. Im geschäftlichen Teil des Abends wurde beschlossen, den jährlichen Mitgliedsbeitrag auf 10 Goldpfennige festzusetzen. Der Verein zählte 38 Mitglieder. Das Vereinsvermögen betrug im Zeichen der Inflation - 2.536.060.000.000.- Reichsmark, das waren 2,53 Goldmark. In der Vorstandssitzung vom 12. Januar 1924 wurde der Landesingenieur Karl Schneider zum Kassenwart ernannt. (nach Angaben von W. Schneider-Römheld, 1928, von 1953- 1977 1. Vorsitzender des Vereins) 

Veranstaltungen des "Vereins für die Ortsgeschichte von Steglitz" in den ersten Jahrzehnten seines Bestehens (in Auswahl)
Die erste Veranstaltung des neu gegründeten Vereins für die Ortsgeschichte von Steglitz fand am 18. November 1923 statt: Prof. Conradin Brinkmann hielt einen Vortrag über "Alt- Steglitz"; 1924 gab es bereits eine ganze Reihe von Vorträgen, Führungen und Besichtigungen (z.B. eine Führung durch den Lichterfelder Naturschutzpark und einen Vortrag von Frau Seler-Sachs über Eduard Seler). 1925 wurde der Botanische Garten besichtigt und ein Vortrag über das musikalische Leben in Steglitz wurde organisiert. Das Steglitzer Eiswerk in der Steglitzer Birkbuschstraße war 1926 das Ziel einer Führung und im Restaurant Karpfenteich fand ein geselliger Nachmittag statt. Im Oktober 1926 sprach Gustav Lilienthal darüber "Wie das Fliegen erfunden wurde" und führte eine Besichtigung des neuen Schwingenfliegers auf dem Flughafen Tempelhof durch. 1927 gab es einen Vortrag von Karl Fischer über die Wandervogelbewegung und einen Rundgang durch die Lichterfelder Kadettenanstalt. 

Außer den Themen, die in der Steglitzer Geschichte eine Rolle spielten, wurden bei Vorträgen und Führungen auch aktuelle Gebiete von allgemeinem Interesse berücksichtigt, wie z.B. die Besichtigung des Institutes für Bienenkunde (1929), eine Führung durch die Optischen Werkstätten R. Fuess (1932) oder ein Vortrag über bäuerlche Haus- und Dorfformen (1936). Während des II. Weltkrieges und in der unmittelbaren Nachkriegszeit fanden nur noch vereinzelt Veranstaltungen statt. 

Doch seit 1948 stellte sich allmählich die alte Regelmäßigkeit wieder ein. Das Spektrum reichte dabei von einem Besuch der Berliner Moschee zum Ramadan (1949) bis zu einem Vortrag von Hertha Schulz über das neue Brasilien und die Steglitzer in Rio (1955). 


11.10.1997: Spaziergang mit dem Heimatverein durch Lichterfelde. 2.v.l. Helmut Friedrich, 9.v.l. Ingeborg Noll, hinten Mitte Wolfgang Holtz

Das Heimatmuseum - eine Odyssee! 
Schon seit 1926 suchte der "Verein für die Ortsgeschichte von Steglitz" geeignete Räume für die Präsentation der rasch angewachsenen Sammlungen. Aufrufe in der Öffentlichkeit und Bitten an das Bezirksamt blieben ohne Erfolg. 

Schließlich fand sich ein Winkel unter der Turmtreppe der Matthäuskirche, wo die Sammlungsgegenstände mehr schlecht als recht eine vorläufige Unterkunft fanden. Manches war durch Nässe zerstört, anderes gestohlen worden. Da bot die 8./9. Volksschule (früher Friesen-, heute Gritznerstraße) zwei Schränke für die Unterbringung der Restbestände an. 

Die Hoffnung auf ein schönes Domizil im Carstenn-Schlößchen, das 1954 zur Debatte stand, zerschlug sich schon bald. 1959 finden wir den Heimatverein mit seinen Beständen in drei Parterreräumen der Blindenbildungsanstalt und 1962 in der Pasemann'schen Villa, Wrangelstraße. War hier alles in dem schönen alten Bürgerhause gut untergebracht, so stand 1963 wieder ein Umzug bevor. Diesmal in die Räume eines Hofgebäudes im Hause Hubertusstraße 4. Aber auch da war für den Heimatverein mit seinem Archiv und dem sonstigen Besitz kein langes Bleiben. Denn endlich kam Rettung durch das großzügige Vermächtnis von Eugen Marschner. Seit 1966 hat der Heimatverein für den Bezirk Steglitz hier im Hause Drakestraße 64 A, 12205 Berlin, einen angemessenen sicheren Standort gefunden. 

Nach umfangreichen Sanierungsarbeiten, veranlaßt von der damaligen 1. Vorsitzenden Frau Ingeborg Noll (1978-1998), wurde das Heimatmuseum 1984 eröffnet. 

Ab März 1998 ist Wolfgang Holtz als 1. Vorsitzender tätig. Die Öffnungszeiten ab 1.9.1998 sind Montag 16-19 (Archiv und Museum), Mittwoch 15-18 (Archiv und Museum), Sonntag 14-17 (Museum) sowie nach telefonischer Vereinbarung. Tel.: 030- 83 32 109