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Jahrbuch 2001 für Steglitz -

Ein Denkmal für die Ewigkeit - die Turmuhr fürs Wohnzimmer

"Das Uhrwerk ist vollständig von Hand gemacht. Jedes Teil ist einzeln berechnet, gezeichnet und auf ein hundertstel Millimeter genau gedreht oder gefräst. Die sieben Kilogramm Bleigewichte müssen alle acht Tage über den vierfachen Flaschenzug hochgezogen werden. Ein Menschenleben überdauert es leicht. Die Ganggenauigkeit der Präzisionsuhr ist fast null zu null. Man müsste die Wanduhr schon mindestens aus dem 4. Stock herunterschmeißen, damit sie stehen bleibt", erzählt Uhrmachermeister Bernd Vogt mit einem gewissen Stolz.

Höchste Präzision war gefragt. Es ging auch nicht alles glatt. Manche Einzelteil wurden verworfen, weil die Abweichung von einem hundertstel die Ganggenauigkeit nachteilig beeinflusst hätte. Doch die Mühe hat sich gelohnt. Am Ende lobt das werk seine Meister: drei Freunde haben insgesamt zweieinviertel Jahre lang ihre Freizeit dafür geopfert, um acht exakt baugleiche Uhrwerke zu bauen. Die Konstruktion von Werk und Antrieb ähnelt dem einer Turmuhr. Es ist ein Nachbau eines alten Werkes. Das kommt nicht von ungefähr, zumal Bernd Vogt vor einigen Jahren die große Uhr im Turm des Rathhauses Friedenau repariert hat. Auch dort mussten zerbrochene Zahnräder und ausgeschlagene Buchsen durch selbst hergestellte Teile ersetzt werden.

Werkzeugmacher Rainer Borchart hat in allen Fällen die Drehbänke und Spezialvorrichtungen zur Verfügung gestellt. Der dritte im Bunde ist der Orthopäde Michael Buß. Er ist Uhrmacher aus Leidenschaft. "wenn man nicht ein bisschen Lust und Laune zu der Arbeit hat, wird man am Ende kein Erfolgserlebnis haben", meint Bernd Vogt.

Alles begann bei der jährlichen Uhrenausstellung in den Geschäftsräumen am Rathaus Friedenau. Ein Kunde erteilte den Auftrag, das Uhrwerk herzustellen. Da der Aufwand für ein Einzelexemplar zu groß ist, beschloss man, acht baugleiche Uhrwerke anzufertigen. Zunächst diskutierten die drei Freunde darüber, welches Material sie verwenden wollten. Nachdem die Berechnungen und Zeichnungen fertig waren, wurden aus Largerbronze die Platinen gefräst und Gebohrt. Die Wellen und Werkpfeiler werden aus V2A-Stahl gedreht. Alle Zahnräder und Walzen sind aus Messing hergestellt. Die Walzenradwelle läuft im Kugellager. Auch die Zahnräder wurden von eigener Hand auf eigener Hand auf die Triebstöcke gepresst. Selbst die Schrauben stammen aus eigener Herstellung. "Jetzt kann ich keinen Triebstab mehr sehen", stöhnte einer, nachdem er für die klein serie all Triebstäbe ausgesägt und einzeln angefertigt hatte. Die Präzisionsarbeit war nicht auf Anhieb gelungen, da die Spitze seiner Drehbank nicht richtig fest war und nicht im Korrekten Verhältnis zum Bohrfutter stand. Deshalb mussten zuerst alle wichtigen Teile der Drehbank nachgemessen und neu justiert werden, um auf ein Hundertstel exakt arbeiten zu könne. Alles muss top sein, darin sind sich die drei einig.

Zum Schluss werden die fertigen Teile zusammengesteckt. Das dauert nur eine gute halbe Stunde pro Exemplar. Bis auf das Zifferblatt und die Zeiger stammt alles aus eigener Produktion - auch die Kugelgelagerten Seilräder für den Flaschenzug, über die das Messingdrahtseil läuft.

Pendelstangen gibt es sowohl aus Messingdreh- und- frästeilen als auch über 100 Jahre altem Eichenholz. Wenn der Galgen aus Eichenholz gefertigt ist. ist er fügtechnisch dreifach gesichert: durch Holzverbindung, Holzdübel und Verschraubung über Eck. Die Ausführung in Eichenholz ist etwas teurer- das ist dann Verhandlungssache. Insgesamt hat alles sehr viel Spaß gemacht. Da sind sich die drei Freunde einig. Die fertigen Exemplar wurden schon auf der Furtwanger Uhrenmesse gezeigt.

Jedes Liebhaberstück ist für 4.500,- DM bei Uhrmacher Bernd Vogt in der Hedwigstraße 1 käuflich zu erwerben. Vier von acht Turm-Uhrwerken sind bereits vergeben....                  

Reinhard Frede

Bild 1: Uhrenwerk
Bild 2: Von links, Michael Buß, Bernd Vogt, Reiner Borchert