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Jahrbuch 2001 für Steglitz -

Menschen, die man nicht vergisst


Vertraut klang uns die Stimme aus dem SFB entgegen, seine Morgenandachten, seine Rundfunkansprachen, seine Mitternachtsmessen waren bekannt und beliebt. Die Predigten fielen durch gute Wortwahl und Offenheit auf. Hinter seinen Worten stand nicht nur der gläubige Mann der Kirche, sondern auch der kritische Beobachter des kulturellen Lebens der Nachkriegszeit. Als Rundfunkbeauftragter der katholischen Kirche beim Sender Freies Berlin amtierte Monsignore Müller bis 1975.

Vertraut war uns auch seine Erscheinung. Bei den morgendlichen Spaziergängen mit unserer französischen Bulldogge kam er uns oft freundlich grüßend, in schwarzen Ledermantel, in der Kornmessestraße entgegen. 17 Jahre lang war der katholische Priester, Hans-Gerhard Müller, Gemeindepfarrer der "Heiligen Familie" in Lichterfelde, die 1910 gegründet wurde.
Vor ihm führte Monsignore Melchior Grossek von 1937 bis 1964 die Gemeinde. Er hat ihr eine übergroße, selbstgeschnitzte Krippe hinterlassen, die alljährlich in der Weihnachtszeit noch heute katholischen und evangelischen Lichterfeldern Freude macht.

Wenn jemand ein Gefühl für alles Schöne und Edle hat, nennt man ihn einen "Feingeist". Ein solcher Feingeist mit hohem Kunstverstand, umfassenden Wissen, aufwendig und immer passend gekleidet, von großer Menschlichkeit und einen ausgeprägten sozialen Engagement, stets offen für die Anliegen seiner Gemeinde, war Monsignore Müller. Sein Pfarrhaus war ein "Haus der offenen Tür". Namhafte Berliner Bühnenschauspieler gingen bei ihm ein und aus und rühmten seine phantasievollen Kochkünste, was dem Pfarrhaus in Lichterfelde den Spitznamen "Kornmesser-Stuben" einbrachte.

Monsignore Müller war ein echter Berliner.1939 zum Priester geweiht, wurde er nach einigen Kaplanstellen, alle in Berlin, Männerseelsorger und schließlich Ordinariatsrat, sowie Leiter des Seelsorgteams beim Bischöflichen Ordinariat. Menschen glücklich zu machen war seine Art das Evangelium zu verkünden, nie mit erhobenen Zeigefinger. Den Kindern bracht er im Religionsunterricht bei " wir sind auf der Erde um glücklich zu sein". Er war maßgeblicher Mitorganisator der Kirchentage 1952 und 1958.

Aber auch der Ökumenismus, die Einigung aller christlichen Konfessionen waren ihm wichtig. Die Medien, Hörfink und Fernsehen, sind bis in die letzten Jahre seine große Liebe geblieben. Viel Freude wird er an der Serie "Wie gut, dass es Maria gibt" empfunden haben, die 1990/1991 in vielen Folgen vom ZDF, um und in der "Heiligen Familie" ausgestrahlt wurde.
Damals waren die Kirche, das Pfarrhaus, das Gemeindehaus, der Kirchgarten die Kornmesserstraße und Umgebung monatelang von Schauspielern wie Thekla Carola Wied als Nonne, Helmut Zierl (Kaplan), Hans Wyprächtiger (Bischof), Alexander May (Dekan), Gunter Berger (ev. Pastor), bevölkert.
Seinem größten Hobby, der Kunst, blieb Monsignore Müller bis zu seinem Tode 1995 treu.
Ars longa, vita brevis!
Lang währt die Kunst, kurz das Leben!

Gisela Meyer